Gläubigerschutzverfahren

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Indem er auf ein Gläubigerschutzverfahren zurückgreift, kann ein Kaufmann in zeitweiligen Schwierigkeiten die Insolvenz oder die sofortige Einstellung seiner Tätigkeit ohne die Nachteile, die dem Zahlungsaufschub bzw. dem Vergleich zur Abwendung der Insolvenz innewohnen, vermeiden.

Der Kaufmann stellt die Verwaltung seines Vermögens unter die Aufsicht eines oder mehrerer Verwalter, um sein Geschäft neu zu strukturieren oder sein Vermögen zu den bestmöglichen Konditionen zu veräußern.

Dieses Verfahren findet in der Praxis jedoch selten Anwendung.

Zielgruppe

Der Gläubigerschutz kann genutzt werden:

  • von Kaufleuten;
  • sowie den Betreibern von Industrie- und Gewerbebetrieben, die laut Gesetz nicht als Kaufleute gelten.

Voraussetzungen

Für einen entsprechenden Antrag muss/darf der Antragsteller:

  • die Eigenschaft des Kaufmanns haben, d. h. eine natürliche oder juristische Person sein, die Handelsgeschäfte abschließt und daraus ihren Beruf macht. Diese Eigenschaft wird de facto jeder Handelsgesellschaft zugesprochen;
  • eine zerrüttete Kreditwürdigkeit haben oder in einer Lage sein, die die vollständige Erfüllung seiner Verpflichtungen gefährdet. Eine zerrüttete Kreditwürdigkeit kann sich dadurch ergeben, dass der Schuldner außerstande ist, Geld zu besorgen, um seine Verbindlichkeiten zu begleichen, oder dass die Gläubiger ihm eine zusätzliche Zahlungsfrist verweigern.
  • nachweisen können, dass eine Sanierung oder Rettung möglich ist;
  • nicht insolvent sein (Gerichtsbeschluss über die Insolvenzeröffnung).

Überdies muss der Kaufmann nicht nur bei seinem Antrag, sondern auch während der gesamten Dauer des Gläubigerschutzverfahrens in gutem Glauben handeln.

Laut Rechtsprechung verdient ein Unternehmen die Zulassung zum Gläubigerschutzverfahren nicht:

  • wenn seine Sanierung sich auf zweifelhafte Forderungen gründet;
  • oder die Ausführung der Aufträge flüssige Mittel erfordert, über die es nicht verfügt und die es bei einer Bank nur über Sicherheiten, zu deren Stellung es nicht imstande ist, erhalten kann.

Vorgehensweise und Details

Antragstellung

Der Kaufmann muss den Antrag auf ein Gläubigerschutzverfahren beim Handelsgericht des Bezirks stellen, in dem er seine Hauptniederlassung bzw. seinen Geschäftssitz hat, sofern es sich um eine Gesellschaft handelt.

Der Antrag muss begründet werden. Er führt auf:

  • die Gründe des Antrags;
  • Vorschläge für konkrete, realistische Maßnahmen, um die Gesellschaft neu zu strukturieren oder den Gang der Geschäfte zu verbessern und zur optimalen Veräußerung des Vermögens beizutragen.

Dieser Antrag muss durch Nachweise und Belege (einschließlich Gläubigerliste) gestützt werden, anhand derer das Gericht über die Begründetheit des Antrags beschließen und sich der vorliegenden Voraussetzungen für dieses Verfahren vergewissern kann.

Bei Gesellschaften muss der Antrag durch die Mehrheit der Verwaltungsratsmitglieder, Geschäftsführer oder Verwalter bei Gericht eingereicht werden.

Nach Anhörung des Antragstellers prüft das Gericht den Antrag im Beratungszimmer (unter Ausschluss der Öffentlichkeit).

Ein Antrag wird abgewiesen, wenn das Gericht nicht der Überzeugung ist, dass das Gläubigerschutzverfahren allmählich die Gesundung und den normalen Geschäftsbetrieb des Antragstellers sicherstellen oder bessere Bedingungen für die Veräußerung des Vermögens zwecks Befriedigung der Gläubiger schaffen kann.

Bestellung eines Bericht erstattenden Richters

Falls das Gericht den Antrag zulässt, wird ein Richter bestellt, um einen Bericht über die Geschäftslage des Antragstellers anzufertigen. Der beauftragte Richter kann sich von einem Sachverständigen unterstützen lassen.

Von der Beauftragung des Richters bis zum endgültigen Beschluss des Gerichts über die Genehmigung oder Verweigerung des Gläubigerschutzes:

  • erhält der Antragsteller Aufschub für die Vollstreckungshandlungen von Seiten der (bevorrechtigten, Hypotheken- oder Faustpfand-) Gläubiger: können Gläubiger Klagen anstrengen, den Antrag prüfen lassen und ein Urteil erwirken, ohne indessen den ergangenen Beschuss vollstrecken lassen zu können.
  • darf der Antragsteller bei Strafe der Nichtigkeit ohne vorherige schriftliche Zustimmung des beauftragten Richters weder Pfandsicherheiten noch Hypotheken bestellen oder Verpflichtungen eingehen bzw. bewegliche Vermögenswerte annehmen.

Nach Erstellung seines Berichts hinterlegt der beauftragte Richter diesen bei Gericht.

Beschluss über das Gläubigerschutzverfahren

Nach Kenntnisnahme des Berichts des beauftragten Richters und Anhörung des Antragstellers beschließt das Gericht über die Annahme des Antrages.

In dieser Phase kann das Gericht auch die Zahlungseinstellung des Antragstellers und durch diesen oder einen späteren Beschluss den Zeitpunkt der Zahlungseinstellung feststellen. Die Insolvenz des Antragstellers kann jedoch laut Rechtsprechung erst eröffnet werden, wenn der endgültige Beschluss über den Antrag auf ein Gläubigerschutzverfahren ergangen ist.

Beschließt das Gericht, den Kaufmann unter Gläubigerschutz zu stellen, ernennt es abhängig von Komplexität und Größe der Angelegenheit und des zu verwaltenden Vermögens einen oder mehrere Verwalter. Dieser Beschluss ist von dem oder den Verwalter(n) auszugsweise in der Elektronischen Sammlung der Gesellschaften und Vereinigungen (Recueil électronique des sociétés et associations) zu veröffentlichen nach der Hinterlegung beim Handels- und Gesellschaftsregister (Registre de commerce et des sociétés - RCS).

Auftrag der Verwalter

Die Verwalter werden vom Antragsteller vergütet. Sie müssen die Interessen des Antragstellers und der Gesamtheit der Gläubiger wahrnehmen.

Im Gegensatz zur Insolvenz wird dem Antragsteller nicht von Rechts wegen das Recht zur Verwaltung seines gesamten Vermögens entzogen. Seine Handlungen stehen nichtsdestoweniger unter der Aufsicht der Verwalter.

Der Antragsteller darf demnach bei Strafe der Nichtigkeit die folgenden Handlungen ohne vorherige Zustimmung des/der Verwalter(s) nicht ausführen:

  • sein bewegliches oder unbewegliches Vermögen veräußern, verpfänden oder mit Hypotheken belasten;
  • Beträge einklagen, entleihen, annehmen oder Vergleiche dazu schließen;
  • Zahlungen oder Verwaltungshandlungen ausführen.

Die Verwalter haben ein unbeschränktes Aufsichts- und Prüfungsrecht für alle Geschäftsvorgänge des Kaufmanns. Insbesondere müssen sie:

  • ein Bestandsverzeichnis über das vom Gläubigerschutz betroffene Vermögen erstellen;
  • eine Auflistung der Aktiva und Passiva des Kaufmanns und die gesetzlich bzw. bei einer Gesellschaft durch die Satzung vorgesehenen Bilanzen erstellen;
  • die Maßnahmen anordnen, die entweder die Interessen des Kaufmanns oder der Gläubiger zu gebieten scheinen, und hierbei das allgemeine Interesse wahren;
  • alle Handlungen oder Zahlungen, die zum Betrug der Gläubiger erfolgten, rückgängig machen;
  • allen Beratungen des Verwaltungsrates oder der Geschäftsführung beiwohnen, zu denen sie geladen werden müssen (Aktiengesellschaft oder Genossenschaft);
  • diese Gremien einberufen;
  • einen Sanierungs- bzw. Abwicklungsplan (für die Neustrukturierung bzw. für die Veräußerung und Aufteilung des Vermögens) ausarbeiten.

Ein Verwalter kann nach Anhörung per Gerichtsbeschluss auf formlosen Antrag des Kaufmanns oder von Amts wegen abgelöst werden.

Plan für die Neustrukturierung bzw. für die Veräußerung und Aufteilung

Der Plan für die Neustrukturierung des Geschäfts des Antragstellers bzw. der Plan für die Veräußerung und Aufteilung des Vermögens muss innerhalb der gerichtlich angeordneten Frist ausgearbeitet werden und alle vorhandenen Interessen ausgewogen in Betracht ziehen.

Die Verwalter müssen demnach die Rangfolge der Vorrechte und Hypotheken beachten und sich vergewissern, dass die Vertragsklauseln im Hinblick auf Erlöschen, Aufhebung und Strafen dem Plan nicht entgegenstehen. Dies impliziert, dass alle Gläubiger in derselben Situation sein müssen.

Zustimmung der Gläubiger

Der Plan muss der Gesamtheit der Gläubiger und den bekannten Gesamtschuldnern und Bürgen übermittelt werden.

Bei einer Gesellschaft wird der Plan überdies im Handels- und Gesellschaftsregister (Registre de commerce et des sociétés - RCS) zu Veröffentlichungszwecken in der Elektronischen Sammlung der Gesellschaften und Vereinigungen (Recueil électronique des sociétés et associations - RESA) hinterlegt.

Die Gläubiger haben ab dem Datum der vorgesehenen Übermittlung bzw. Bekanntmachung 15 Tage Zeit, um der Geschäftsstelle des Gerichts ihre Zustimmung oder Ablehnung mitzuteilen. Der Plan kann vom Gericht nur gebilligt werden, wenn mehr als die Hälfte jener Gläubiger, die (durch ihre von den Verwaltern nicht bestrittenen Forderungen) mehr als die Hälfte der Verbindlichkeiten vertreten, dem Plan zustimmen.

Enthaltungen gelten als Zustimmung.

Billigung durch das Gericht

Der Plan muss, auch wenn die Bedingungen für die Zustimmung der Gläubiger erfüllt waren, noch vom Gericht gebilligt werden. Hierfür muss das Gericht sich vergewissern, dass der Plan die Rangfolge der Vorrechte und Hypotheken beachtet und möglichst ausgewogen allen vorhandenen Interessen (Interessen der Gläubiger und dem allgemeinen Interesse) Rechnung trägt.

Falls das Gericht den Plan nicht billigt, weist es den Antrag endgültig ab oder setzt den Verwaltern eine kurze Frist für die Ausarbeitung eines neuen Plans.

Billigt das Gericht den Plan, wird der in öffentlicher Sitzung ergangene Beschluss von den Verwaltern auszugsweise beim Handels- und Gesellschaftsregister hinterlegen und in der Elektronischen Sammlung der Gesellschaften und Vereinigungen und in einer vom Gericht benannten Zeitung veröffentlicht.

Der Beschluss, der den Plan der Verwalter billigt, ist für den Kaufmann und seine Gläubiger sowie die Gesamtschuldner und die Bürgen bindend. Der ergangene Beschluss ist (die Abweisung des Antrages ausgenommen) vorläufig vollstreckbar. Kaufmann und Gläubiger können binnen acht Tagen ab dem Datum des Beschlusses Berufung einlegen. Gegen die Berufungsentscheidung können keine Rechtsmittel eingelegt werden.

Nach endgültiger Annahme des Plans kann der Kaufmann, außer bei vorgesehenen Einschränkungen, wieder seine Rechte ausüben, um den Plan umzusetzen.

Weist das Gericht den Plan ab, wird das Insolvenzverfahren gegen das Unternehmen eröffnet.

Zuständige Kontaktstellen

Bezirksgericht

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Vorgänge

Zahlungsaufschub Gerichtlicher Vergleich zur Abwendung der Insolvenz

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